Unsere Art zu leben

Heimat – Unsere Art zu leben von Moayad aus Damaskus/ Syrien

Ich bin Moayad – in Damaskus geboren.

39 Jahre lang, war dies meine Stadt,

die mir den Klang der Händler auf dem Barzar,

die Straße Al Mutanabe, den Rhythmus des Alltags geschenkt hat.

Fünfzehn Geschwister habe ich,

alle leben noch immer in den Ruinen des Krieges,

deren Mauern vom Hall der Waffen und Bomben erzittern.

Die Menschen sind müde, es ist nicht mal mehr wichtig,

was ein Politiker irgendwo außerhalb Syriens verspricht.

Meine Heimat ist krank, vom Hass und Leid der Menschen zerfressen,

der Präsident, ein Diktator – war einst ein Arzt für die Augen,

doch kann er nicht „gucken“, dass sich die Menschen fast täglich vor Gewalt und Angst…

hinter zerbombten Mauern verstecken und sich ducken.

Ich denke oft, dies ist eine Verschwörung gegen mein Land,

dass sich vor dem Krieg im Frieden befand.

Wir gingen unserem Alltag nach,

als von heute auf morgen der Frieden zerbrach.

Jetzt wird es in Damaskus immer schwerer, Normalität zu finden,

Das Leben ist sehr teuer, keine Arbeit, kein Glück,

wie sollen die Menschen ihre Bedürfnisse stillen,

wie findet man unter so harten Umständen in einen Alltag zurück.

Vor dem Krieg sah ich die Liebe in den Augen der Menschen

mal laut und mal friedvoll war der Klang ihrer Stimmen,

jeder konnte, wie er wollte sein Leben bestimmen,

ich höre noch manchmal den Muezzin sein Mittagsgebet singen.

An manchen Tagen höre ich mich fragen,

warum ich mein Damaskus verlassen musste,

denn ich dachte, die Armee würde mein Land, meine Heimat beschützen,

doch wem soll eine vor dem Daesch fliehende und ängstliche Armee schon nützen?

Vor meinen Augen sehe ich die vielen toten und gefolterten Menschen,

die in Damaskus auf den Straßen lagen und liegen,

und Jene, die noch auf ihren Füßen standen und stehen,

stahlen und stehlen, was sie noch irgendwo an Essen und Trinken erspähen.

…  

Vor der Villa von Assad sah ich Militär,

zu seinem Schutze bewaffnet schwer,

doch auf der andren Straßenseite standen Menschen ungeschützt,

wem hat das Militär genützt?

Verbrecher gingen ein und aus und zogen durch das Land,

nahmen unser Hab und Gut, stahlen, was sich fand.

Und als der Daesch zu uns kam, da wurde es noch schlimmer,

hingerichtet wurde, wer nicht für sie stand.

Doch was soll ich euch erzählen,

mein Land ist nun zerstört,

wir Syrer sind sehr müde,

doch niemand hat uns erhört.

Es kämpfen viele Gruppen auf meiner Ahnen Boden,

ich sah schon so viel Blut und Leben vor meinen Augen sterben.

Jetzt sind wir in Deutschland und lernen eure Sprache,

verloren, ohne Heimat, was soll nun aus uns werden?

Ein Gedicht von Moayad, 2017 im Integrationskurs für Alphabetisierung auf Arabisch geschrieben und rückübersetzt in Zusammenarbeit mit Kerstin Kant, Kursleitung, Träger VHS Düsseldorf